Ein weiterer aufregender und emotionaler Tag im Nikolauskonvoi neigt sich dem Ende zu. Heute haben wir vier Schulen, drei Kindergärten und drei Familien besucht. Der gesamte Tag war eine sehr aufwühlende Gefühlsachterbahn – von absolut berührt, glücklich bis zu total schockiert war alles dabei.
Kindergartenkinder zu beschenken bringt mich einfach immer wieder zum Strahlen. Heute hat mich eines der Mädchen gleich an die Hand genommen, nachdem wir den Raum betreten haben und fragte mich auf Rumänisch nach meinem Namen (so wurde es mir daraufhin übersetzt). So gerne würde ich mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Sie werden noch lange einen Platz in meinem Herzen haben.
Ein Junge fing nach der Verteilung der Geschenke an zu weinen. Die Erzieherin erklärte uns auf Englisch, dass er enttäuscht ist, da andere Päckchen größer sind, als seines. Diese Situation fand ich ganz schön herausfordernd – einerseits möchte man alle Kinder so glücklich wie möglich machen, aber andererseits kann man ja nicht mehr geben als vorhergesehen wurde und möchte auch, dass die Kinder mit dem zufrieden sind, was sie bekommen. Ich hoffe einfach, dass ihn der Inhalt seines Geschenks dann später aufmuntern konnte.
Auf der Weiterfahrt wurde die Straße von einer riesengroßen Schaf-und Ziegenherde blockiert. Generell trifft man hier auf Umstände, die man eigentlich ein Jahrhundert zuvor eingeordnet hätte, wie unter anderem Pferdekutschen als gängige Verkehrsmittel und ungeteerte Straßen.
Beim Besuchen der Familien realisiert man immer wieder, wie dringend hier die Hilfe gebraucht wird. Eine Familie besaß zumindest ein paar Hühner und Schweine, die gemeinsam vor dem Haus leben. Wir waren ganz schön erschrocken, als uns einer der Jungs seinen verletzten Finger gezeigt hat – er hat sich beim Spielen mit Schnitzmessern die Fingerkuppe abgeschnitten. Es sah nicht so aus, als wäre er von einem Arzt medizinisch versorgt worden.
Am meisten setzte uns die letzte Familie, die wir heute besuchten, unter Schock. Hier mangelte es an allem. Das Haus hatte keinen richtigen Boden, nur festgestampften Lehm. Elektrizität oder fließendes Wasser gab es hier nicht. Ein Raum, der nach außen offen war, hatte nicht mal eine Tür. Innen war es nicht viel wärmer als draußen. Hier lebt ein Mann mit seiner Tochter, die beide keine passende Kleidung für den Winter haben – das Mädchen zittert die ganze Zeit vor Kälte. Als ich ihr Süßigkeiten anbiete und ihr die Kuscheltiere, die wir mitgebracht haben, zeige, wirkt sie ganz verwirrt und eingeschüchtert. Wir sind unter Schock und möchten alles tun, um die beiden zu unterstützen. Sie erhalten Decken und viele Lebensmittelpakete. Morgen möchten wir noch mehr Kleidung und Essen vorbeibringen. Die beiden leben von nur 90 € (Kindergeld) im Monat. Es ist für mich nur schwer realisierbar, dass Menschen unter diesen Umständen leben müssen. Man merkt auf einmal wie unwichtig unsere eigenen „Probleme“ doch häufig sind und wie gut es uns doch geht. Ich hoffe einfach sehr, dass mehr Menschen ihre Perspektive ändern und die Fülle in der sie leben, erkennen.