Martina – Jens – Thomas – Kecki – Helene – Sorin – Made my day

Als ich heute früh aufgewacht bin dachte ich mir, noch einmal schlafen und dann geht’s wieder nach Hause. Wie sehr ich mich doch auf meine Kinder freue und auf unser zu Hause… Es war mir noch nicht klar,

wie bereichernd dieser Tag heute werden würde. Nach dem Bestaunen eines wunderschönen Sonnenaufgangs ging es zügig los in Richtung Urzicuta. Mit Sorin (einer der Ansprechpartner unseres Vertrauens Vorort) im Gepäck, müden Knochen, einer LKW-Ladung voll Lebensmittel und Weihnachtspäckchen kam von Kilometer zu Kilometer unsere Motivation zurück. Wir haben noch den Bürgermeister von Urzicuta mitgenommen, dann ging unsere Tour los…

Mittlerweile, warum auch immer, hat man ein Gefühl dafür entwickelt was ist arm und was ist ärmer… in Urzicuta kam ruckartig das Gefühl hoch ->ÄRMER!

19 Familien standen auf unserer Tour. Wie immer werde ich den Rahmen hier nicht überreizen und euch nur auf ein paar unserer Erlebnisse mitnehmen…. Schon bereits bei der ersten Familie bemerkte ich, dass ich den nötigen Abstand von Gestern komplett verloren habe. Mit Gänsehaut unter der Jacke kam das erste Schicksal wie eine Welle bei mir an… eine Familie, welche Sozialhilfe bezieht. Sozialhilfe in Rumänien heisst 100 Euro/pro Monat… kein Recht auf Wohnung… so standen wir vor einer Familie – Sozialhilfeempfänger – die Eltern der Kinder arbeiten aushilfsweise (nicht offiziell) bei jemandem, dem das Haus gehörte, dafür durften sie umsonst in der Behausung schlafen. Ihr solltet diese Behausung sehen, dafür überhaupt Geld zu verlangen ist unglaublich. Nicht einmal wenn ich Geld dafür bekommen würde, würde ich darin schlafen – es ist menschenunwürdig! Der Vater sah so sehr verzweifelt aus und ich wusste nicht, was ich ihm sagen soll. Ich bat Sorin ihm mitzuteilen, dass er bitte nicht aufgeben soll und für ein besseres Leben seiner Kinder stark bleiben soll. Ihm und auch mir kamen fast die Tränen, denn wir wissen, es wird nicht einfach…

Weitergehts… wir betreten einen Innenhof, ein kleines 4 Jähriges Mädchen rannte uns mit leuchtenden Augen entgegen… ein paar Momente später folgte dem kleinen Mädchen ein Mädchen mit zerzausten Haaren mit einem eingewickelten Bündel… das eingewickelte Bündel war ein 4 Monate altes Baby.. das Mädchen war die 18-jährige Mutter der beiden… 18… ein Kind 4 Monate das andere 4… Puhhhh… so als Mama von zwei Kindern im Alter von 16 und 17 erwischt einen so ein Schicksal eiskalt… man steht da, schaut dumm versucht seine Tränen zurückzuhalten, richtet die Krone und schaut erstmal wie man dieser Situation am besten begegnet. Die 18 Jährige Mutter hatte soviel liebe für ihr Baby und sah doch selbst noch aus wie ein Kind. Wir haben genügend Essen für die nächste Zeit dagelassen – Spielsachen und Geschenke für die kleine. Mit einem Schmusetier und einer Babyflasche in der Hand lief ich nochmals zurück und drückte dies dem Vater in der Hand. Am liebsten hätte ich mich im nächsten Innenhof versteckt und laut losgeheult. Könnt ihr das Verstehen? Diese Armut macht mich einfach fertig und es hört nicht auf…

… wir hangeln uns von Familie zu Familie von Traurigkeit zu Freude – von leeren zu leuchtenden Augen… der Tag wird immer wichtiger, keine dieser 19 Familien hätte ich hier ohne Besuch lassen möchten. Im Gegenteil, heute ist der letzte Tag, der letzte Tag vor dem ersten Tag des nächsten Konvois! Wir kommen wieder und wenn es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Aber wir wissen es ist der Tropfen Hoffnung, der bleibt. Irgendwann durchbrechen wir den Kreislauf und es wird besser…

Wir sind auf dem Weg ins Lager – schaukeln den LKW zurück. Sind traurig und doch mehr als zufrieden. Hängen in Gedanken bei den besuchten Familien, verdrücken die ein- oder andere Träne, wissen was wirklich wichtig ist im Leben. Alles Materielle tritt in den Hintergrund, freuen uns an den glücklichen Momenten und den leuchtenden Augen! Wir machen weiter mit dem was wir mittlerweile ganz gut können: HINSEHEN UND HELFEN e.V.

Ich verabschiede mich nun mit meinem letzten Bericht aus Rumänien 2021 – Wir sehen/lesen/hören uns wieder in Deutschland! Wir kommen und tanken auf, unsere Akkus, unsere Herzen und vor allem unsere LKWs und kommen nächstes Jahr zurück mit viel Gepäck…