Gussenstadt <-> Craiova — oder Andrea’s erster Bericht

Draußen ist es dunkel und kalt, als wir morgens um 7.30 Uhr vom Hotel Richtung Lager aufbrechen. Ich, oder besser wir alle, haben nicht sehr lange geschlafen, da unsere gestrige Tour viel länger gedauert hat als ich es gedacht habe. Als wir gestern nach der Tour endlich im Lager ankamen, mussten wir zuerst

noch den Lkw für heute beladen, vor es gegen 22 Uhr dann zum Hotel zurück ging und wir dann, wie jeden Abend, noch zusammen im Hotel zu Abend gegessen haben. Dementsprechend kurz war die Nacht. Ich habe heute Morgen bei der Fahrt vom Hotel zum Lager den Eindruck, dass nicht nur ich müde bin…. Im Lager angekommen, verteilen wir uns auf die Autos und den Lkw und fahren los zur ersten Abladestelle. Das Wetter draußen hat sich bereits auf die Stimmung im Auto übertragen, alle waren sehr ruhig. Wir haben ca. eine Stunde fahrt vor uns bis zur ersten Abladestelle und das Wetter draußen wird immer schlechter, es fängt an zu regnen…. Ich mache mir auf der Fahrt so meine Gedanken und fahre mit gemischten Gefühlen… Was erwartet uns bei der ersten Abladestelle? Sind es ältere Kinder? Oder doch nur kleine? In welchen Verhältnissen leben die 2 Familien, die wir auf unserer Route besuchen? Als wir dann bei der ersten Verteilstelle ankommen, geht es sehr schnell. Die Verteilung erfolgt im Gemeindehaus, wo ebenfalls der Kindergarten untergebracht ist. Der Bürgermeister der Gemeinde begrüßt uns…. Und während wir auf weitere Anweisungen warten wäre ich jetzt ehrlich gesagt froh, wenn ich wieder zurück ins Auto sitzen und die Heizung aufdrehen könnte. Es bläst ein eisiger Wind und es graupelt sogar ganz leicht…. Da wir mit unserem Lkw nicht bis zum Gebäude fahren können, müssen wir die Geschenke, Lebensmittelpakete, Kleidungsstücke, Schuhe, School-bags und Süßigkeiten ca. 50 m tragen… über einen nassen, sandigen Boden…. Bevor wir aber richtig anfangen konnten, hat der Bürgermeister bereits viele Helfer organisiert, die uns beim Tragen der Sachen unterstützt haben und unser Team hat sich auf einmal fast verdoppelt. Ich bin sehr überrascht und richtig erfreut, dass uns so viele freiwillig beim Tragen helfen, da ich das von den anderen Tagen bisher so noch nicht kenne. Nach kurzer Zeit haben wir den Lkw fast komplett abgeladen, denn an dieser Stelle erwarten uns 250 Kinder und 40 Familien. Wir beginnen wie immer mit den kleinsten, das sind die Kindergartenkinder. Sie stellen sich alle, getrennt nach Mädchen und Jungs, in kleinen Gruppen hintereinander in einer Reihe auf. Die Kleinen sind erst sehr ängstlich und schüchtern, doch als wir mit dem Austeilen von Süßigkeiten und Kuscheltieren beginnen, sehe ich nur noch lächelnde Gesichter. Es ist schön zu sehen, dass sich diese Kinder richtig über unsere Geschenke freuen. Nachdem alle Kindergartenkinder ein Geschenk erhalten haben, geht es mit den Grundschulkindern weiter. Ich bin sehr überrascht und ein bisschen überwältigt, als mir das erste Kinde, dem ich Süßigkeiten geschenkt habe, eine selbst gebastelte und schön ausgemalte Weihnachtskarte schenkt und bedanke mich bei diesem Kind mit „multumesc“, dem rumänischen Wort für vielen Dank….

Als die Teenager-Mädels an der Reihe sind, stellen sich diese ca. 20 Mädels alle nebeneinander mit ihren Lehrerinnen in einer Reihe auf, denn sie haben ebenfalls etwas für uns vorbereitet…. Sie beginnen mit einem rumänischen Weihnachtslied. Ich habe den Text nicht verstanden, aber habe die Melodie nach kurzer Zeit erkannt, denn es war „Oh Tannenbaum“. Völlig überrascht bin ich, als die Mädchen auf einmal den deutschen Text von „Oh Tannenbaum“ für uns singen….. und das komplette Konvoi-Team stimmt spontan mit ein. Es ist so ein schöner Augenblick und ich habe Tränen in den Augen vor lauter Freude. Ich denke, das sind die Momente, wegen denen es sich lohnt, diesen weiten Weg zu fahren und von denen alle langjährigen Konvoi-Teilnehmer immer sprechen. Man kann richtig erkennen, dass sich diese Mädchen und die anderen Kinder freuen, dass wir sie besuchen…

Nachdem alle Geschenke verteilt sind, haben wir noch Lebensmittelpakete, Jacken, Schuhe und Süßigkeiten für 40 sehr arme Familien zu verteilen.

Nach diesem ersten Stopp geht es für uns weiter in einen Kindergarten, bei dem wir schon erwartet wurden. Wir beschenken ca. 20 Kinder mit Kuscheltieren, Süßigkeiten und Päckchen.

Danach fahren wir noch zu 2 bedürftigen Familien. Schnell ist uns klar, dass wir den Weg, der zu diesen Häusern führt, nicht mit unserem Lkw passieren können, da die Straße dorthin zu schmal und zu schlecht ist. In einer der beiden Familien, lebt die 9-jährige Irina, die von ihrer Tante und Großmutter aufgezogen wird, da beide Eltern gesundheitliche Probleme haben. Als wir ankommen, tragen wir die Lebensmittelpakete über den lehmigen Boden, vorbei an einem kleinen Garten, bis in das Haus. Dieses besteht aus 2 kleinen Räumen. In einem davon, wo wir die Pakete abstellen, sitzt die Oma von Irina auf einem alten Sessel. Als ich das 2. Paket abstelle und Irinas Oma in die Augen sehe, bemerkt ich, dass die ältere Frau weint. Ihr ist es sichtlich peinlich, dass sie auf Hilfe von uns angewiesen ist. Ich denke sie hat sich geschämt für die ärmlichen Verhältnisse, in denen sie lebt und dass wir sehen, wie schlecht es ihnen geht. Gleichzeitig haben sich Irina und die Tante sehr über die Geschenke gefreut.

Während die Sonne auf einmal angefangen hat zu scheinen, fahren wir zurück nach Craiova. Dort steht noch eine Schule auf dem Programm. Dort angekommen, beschließen wir, dass wir mit unserem Lkw hier nicht stehen bleiben können, da wir die komplette Straße im Feierabendverkehr blockieren und die Autos bereits angefangen haben mit hupen. Wir verschieben diese Abladestelle spontan auf Donnerstag und fahren zurück ins Lager. Unser Team hatte heute einen sehr schönen Tag, wir konnten viele Menschen glücklich machen und das Verteilen der Geschenke macht einfach Spaß. Ich habe heute mal wieder festgestellt, dass es hier außerhalb der Stadt fast nur arme Leute gibt, die in kleinen Hütten leben, da sie sich das Leben in der Stadt nicht leisten können. Man lernt hier in Rumänien das Leben in Deutschland viel mehr zu schätzen und merkt, dass vieles, was bei uns selbstverständlich ist, hier noch lange nicht so ist.