Andrea’s allererster Konvoitag ( 01.12.2019)

Heute, am 1. Advent und rumänischen Nationalfeiertag standen 6 Familien auf unserem Tagesprogramm, die wir mit Päckchen, Lebensmitteln, Kleidung und weiteren Dingen ausgestattet haben. Nachdem wir in unserem Lager die Autos mit allen wichtigen Dingen beladen hatten

und unser rumänischer Dolmetscher startklar war, ging es auch schon los.

Bei der ersten Familie erwarteten uns 4 Jungs im Alter von 6, 9, 12, 16 und ein 18-jähriges Mädchen. Der Vater hat die Familie verlassen, Kinder wohnen bei einem Mann, der sie aufgenommen hat. Als wir die Geschenke den Kindern übergeben hatten, konnten sie es kaum erwarten und öffneten die Geschenke sofort. Die Augen fingen sofort an zu strahlen, alle freute sich über ihre Geschenke, aber besonders die beiden kleinen Jungs, denn in ihren Päckchen waren tolle Spielsachen.

Nachdem die Geschenke ausgepackt waren und noch passende Kleidung und Schuhe für die Kinder übergeben wurde, holten wir zur Überraschung aller 2 Fahrräder aus unserem Sprinter, eins für die beiden größeren und eins für die beiden kleinen Jungs. Die Augen der Jungs wurden immer größer, als sie die Räder sahen. Sie testeten die Räder sofort, dabei sah es so aus, als ob der größere Junge noch nie richtig Rad gefahren ist, es war eine sehr wacklige Angelegenheit…. Sehr schön zu sehen, wie sich Kinder über ein altes gebrauchtes Fahrrad freuen können.

Danach ging es für uns erst mal wieder zurück ins Lager, wo wir unseren Sprinter umgepackt haben, da auf unserer Tour doch mehr Kinder ein Päckchen erwarten, als ursprünglich angenommen. Nach dem kurzen Zwischenstopp ging es weiter zu Familie Nummer 2.

Es erwarteten uns ein 8-jähriges Mädchen mit seiner Oma und seiner 7-jährigen Cousine. Als wir ankamen waren die Mädchen sehr zurückhaltend, hatten sogar fast ein bisschen Angst vor uns Erwachsenen mit unseren gelben Westen. Als wir ihnen aber dann die Geschenke und neue Winterschuhe und Süßigkeiten gaben, freuten sie sich riesig. Die Oma hat sogar extra für uns eine rumänische Süßspeise gebacken, damit sie uns ebenfalls eine kleine Freude machen kann. Sie war sehr dankbar, dass wir die Familie besucht haben Danach fuhren wir weiter zu Familie Nummer 3.

Als wir im richtigen Ort waren, erwartete uns Christina, ein 15-jähriges Mädchen, bereits voller Vorfreude, einige Straßen vor ihrem Haus. Sie begleitete uns, gespannt auf die Geschenke, bis zu ihrem Haus. Christina lebt dort mit ihrem 29-jährigen Bruder, ihrer Oma und ihren 2 Onkels. Der Bruder hat eine geistige Behinderung und die Oma ist bereits älter und sehr gebrechlich. Die Mutter hat die Familie vor einiger Zeit verlassen, nachdem der Vater gestorben war. Von den beiden Onkeln hat nur einer eine Arbeitsstelle. Christina muss sich bereits mit 15 Jahren um die ganze Familie kümmern, die Oma verpflegen und den Bruder versorgen. Das ist sicher keine leichte Aufgabe für einen Teenager, da sie auch noch die Schule in Craiova besucht. Als wir die Geschenke aus dem Sprinter geholt haben, haben wir auch eine Winterjacke geholt. Christina hat sich sehr gefreut und die Jacke sofort anprobiert und war überaus glücklich, dass sie gepasst hat. Als letztes holten wir einen Fußball aus unserem Sprinter, über diesen hat sich das Mädchen am meisten gefreut und sofort ausgetestet.

Für die Oma haben wir einen Rollator dagelassen, damit sie es in Zukunft ein bisschen leichter hat. Unser Dolmetscher musste dem Onkel erst erklären, wie man mit dem Rollator richtig umgeht und wie man bremsen kann. Christina hat uns dann noch ihr Haus gezeigt. Das Haus besteht nur aus einem einzigen Raum mit einer kleinen Kammer nebenan. Der Raum ist etwa 2 Meter lang und 3 Meter breit und ca. 1,80 m hoch. Darin sind 2 Betten an den Wänden entlang aufgestellt, in der Ecke ist ein Ofen zum heizen und kochen, auf einem der Betten saß die Oma. Wir konnten nur abwechselnd nacheinander schauen, da der Raum so klein war. Man hatte fast schon ein schlechtes Gewissen und das Haus sofort wieder verlassen, da es so verdammt klein war, aber alles ist, was diese Menschen besitzen. Unfassbar, dass dort 5 Menschen leben… Umso schöner ist es zu sehen, dass die Lebensmittel, Kleidungsstücke und Päckchen dort ankommen, wo sie tatsächlich benötigt werden.

Auf dem Weg zu Familie Nummer 4 haben wir mehrere Pferdekutschen überholt und sind durch eine enge Straße gefahren, vor wir am Ortsrand das richtige Haus erreicht haben. Zur Familie gehörten neben Mama und Papa 6 Kinder. 4 Jungs im Alter von 5, 9, 14, 18 und 2 Mädchen im Alter von 1 und 15 Jahren. Die Familie erwartete uns bereits, als wir ankamen. Wir haben die Päckchen und Geschenke durch den Garten, vorbei an mehreren Hunden, bis zum Haus getragen. Dort war ein kleiner überdachter Vorraum. Auf Höhe der Haustüre erschrak ich ganz plötzlich, als mich rechts direkt neben dem Eingang eine Kuh aus einem kleinen Stall angeschaut hat. Direkt neben dem Stall waren die Wohnräume der Familie. Rechts neben der Eingangstür standen auf einem Schrank ca. 15 Paar Schuhe, vermutlich alle, die die 6-Köpfige Familie für Sommer wie Winter besitzt. Die Familie freute sich über unsere Geschenke, der Vater bedankte sich beim Verabschieden bei jedem von uns persönlich und reichte uns allen die Hand zum Abschied. Man hat gemerkt, dass sie sich riesig über die Geschenke freuen.

Unser weiterer Weg führte uns ca. 30 km außerhalb von Craiova in ein kleines Dorf. Im Dorf angekommen, bogen wir einige Male ab und plötzlich war die Straße nicht mehr asphaltiert, sondern bestand nur noch aus Steinen. Zur Familie gehören 3 Mädels, 14, 12 und 5 Jahre alt. Die Geschichte der Familie ist ein wenig sonderbar. Die Kinder lebten bis vor 5 Jahren mit beiden Eltern in einem Apartment in Craiova. Der Vater hatte dann die Familie verlassen und die Mutter konnte das Apartment alleine nicht mehr bezahlen, deshalb zog sie mit ihren 3 Mädels auf das Land in ein altes Haus. Die Mutter hat dieses alte Haus alleine renoviert und viel improvisiert, dabei wurden alle möglichen Materialien gefunden und für die Renovierung genutzt. 5 Jahre später, als das alte Haus renoviert war, kam der Vater zurück zur Familie. Sie haben einen Anbau gemacht, der größer ist als das bestehende alte Haus. Im Anbau befindet sich eine Küche und ein Badezimmer, wobei die Küche aus einem Waschbecken, einem Herd und einem Kühlschrank besteht. Bemerkenswert, was diese Frau in ihrem Leben alles geschafft hat. Die Familie hat extra für uns Brownies gebacken und Kaffee vorbereitet. Während wir uns kurz stärkten hat uns die älteste Tochter ganz stolz 2 Lieder auf der Violine vorgespielt, die sie in der Schule gelernt hat. Ich denke, der Mutter ist es sehr wichtig, dass die Kinder in die Schule gehen, damit sie etwas lernen und später eine bessere Zukunft vor sich haben. Die Mutter konnte selbst sehr gut Englisch sprechen und hat uns über das Leben in Deutschland gefragt. Als kleines Geschenk haben wir ein Glas selbst gemachte Marmelade bekommen.

Die Rückfahrt nach Craiova nutzen wir, um uns ein bisschen mit unserem Dolmetscher, der selbst in Craiova geboren und aufgewachsen ist, zu unterhalten. Ein großes Problem für viele Familien ist, dass die Eltern die Kinder einfach bei den Großeltern lassen und Rumänien verlassen und dann nicht mehr für diese Kinder sorgen oder ihnen von einem anderen Land aus Geld schicken, mit dem die Kinder sich etwas kaufen können. Problematisch für diese Kinder ist, dass sie nicht wissen, wie man mit dem Geld umgeht und sich mit dem Geld keine bessere Zukunft aufbauen können, da sie nicht zur Schule gehen und nicht ausgebildet sind.

Zurück in Craiova angekommen, fuhren wir zur letzten Familie. Auf dem Weg dorthin könnten die Gegensätze in diesem Land nicht größer sein. Wir sind von einer gut asphaltierten Hauptstraße in eine Nebenstraße abgebogen. Diese Nebenstraße war etwas älter und deshalb mit Kopfsteinpflaster. Als wir nochmals abgebogen sind, bestand die Straße auf einmal nur noch aus einem matschigen Weg mit vielen Tiefen Schlaglöchern und Pfützen. Die Häuser waren klein und wirkten alt. Als wir an der Straße entlang gefahren sind, habe ich auf einmal inmitten der alten Häuser am rechten Fahrbahnrand ein schönes neues Haus entdeckt, vor dem 2 neue Autos parkten. Einige Meter weiter war bereits das Haus unserer nächsten Familie, bestehend aus 6 Kindern, Jungs 12, 16, 23 und Mädels 6, 14, 18. Bereits als wir angekommen sind wurden wir vom Übersetzer gewarnt, dass wir im Auto warten sollen bis wir die Familie sehen. Danach ging es sehr schnell…. Wir haben die Geschenke für die Familie in das Haus getragen und jedes Mal als wir zurück zum Sprinter gekommen sind, standen mehr Menschen und warteten auf Geschenke, die wir leider nicht mehr dabei hatten. Da der Ansturm zu groß wurde und immer mehr Kinder und Jugendliche kamen, mussten wir aufbrechen und den Platz verlassen. Auf dem Weg zurück ins Lager machten sich die Gegensätze nochmal bemerkbar, da wir einerseits an einem nagelneuen Fußballstadion und andererseits an einem Obdachlosenheim vorbei gefahren sind…

Dies sind meine Eindrücke vom ersten Tag in Craiova.